Der Digital/Analog-Konverter (D/A-Konverter oder DAC) wandelt digitale (diskret-modulierte) Audiosignale in analoge (kontinuierliche) Tonsignale. Er ist von entscheidender Bedeutung für die Qualität der digitalen Wiedergabekette. Ebenso wie der Analog/Digital Konverter (A/D-Konverter oder ADC) weitgehend die Qualität des modulierten Signals festlegt, bestimmt der D/A-Konverter wie originalgetreu das digitale Signal in den analogen Bereich zurück übertragen wird. Prinzipiell stehen eine Reiher verschiedener möglicher technischer Realisierungskonzepte zur Verfügung. Im Audiobereich spielen hauptsächlich zwei Konzepte eine Rolle: R-2R-Ladder- und Delta-Sigma-DACs. Als Alternative hat sich in jüngerer Zeit auch noch das NOS-DAC-Konzept etabliert, das üblicherweise eine spezielle Variante des R-2R-Konzeptes darstellt.
I. R-2R-LADDER DACS
Auf der D/A-Seite setzte man zu Beginn der digitalen Audio-Ära überwiegend Wandler nach dem R-2R-Prinzip ein. Ein R/2R-Ladder DAC ist ein aus Widerständen mit den Werten R und 2R aufgebautes Netzwerk für die Wandlung digitaler in analoge Signale. Diese können entweder diskret aufgebaut sein (z.B. dCS-Wandler) oder in ICs integriert werden (wie z.B. bei allen Wandlern auf Basis des Philips TDA1541/TDA1543). Die einzelnen Eingangsbits liegen entweder auf Masse oder auf der Referenzspannung Vcc und speisen über exakt doppelt so große Widerstände (2R) ein, wie der horizontale Teil (R) des Netzwerks. Jedes Bit trägt so seinen spezifischen Teil zur resultierenden Ausgangsspannung bei.
Graphik 1: Schema eines 4Bit R-2R-Ladder-DAC
Dieses Konverterprinzip zeichnet sich zwar durch sehr hohe Geschwindigkeit und Bandbreite sowie Signal/Rauschabstände aus, konnte sich aber nicht durchsetzen. Grund dafür waren nicht etwa Qualitätserwägungen – ganz im Gegenteil, sondern Kostenaspekte. Das R-2R-Konzept stellt sehr hohe Anforderungen an die Qualität der Bauteile und ist damit relativ teuer. Viele High-End-Firmen, wie u.a. MSB Technology, dCS, 47Labs, Zanden, Audio Note und AMR verwenden in ihren DACs R-2R-Ladder Konzepte.
II. DELTA-SIGMA DACS
Die Funktionsweise von Delta-Sigma-Wandlern ist ausführlich in dem Artikel ” Digital Audio Grundlagen” behandelt. Um die Probleme, die mit analogen Rekonstruktionsfiltern verbunden sind zu vermeiden, kommen heutzutage meist Sigma-Delta-Wandler zum Einsatz, die zwar aufwendig in der Entwicklung, aber wesentlich billiger herzustellen sind, als z.B. R-2R-Wandler. Hierfür wird das digitale Signal zuerst auf üblicherweise das 4 – 8-fache der Standard-Abtastrate überabgetastet (Oversampling mit Hilfe eines Interpolationsfilters), nach dem ΔΣ-Wandler steht anschließend wieder das Ein-Bit-Stream-Signal zur Verfügung. Von einem internen Switched-Capacitor-Filter wird es abschließend analog vorgefiltert.
Graphik 2: Moderner PCM DA-Wandlungsprozess
Die digitalen Filter führen allerdings zu einem neuen Phänomen: dem Pre-Ringing, bei dem die Impulsantwort, neben dem Nachschwingen (das es auch bei analogen Filtern auftritt) auch ein unnatürliches Vor-Schwingen (Pre-Ringing) vor dem Eintritt des eigentlichen Signals aufweist, so dass das Filter das Signal über die Zeit “verschmiert”. In den nachfolgenden Graphiken 4 & 5 wird der ursprüngliche Dirac-Impuls mit einer Breite von exakt 1 Sample durch den Filter über viele Samples zeitlich verschmiert. Dieses Phänomen wird hauptsächlich für die teilweise unnatürliche Klangqualität von Digitalaufnahmen (harte Klangtexturen, flache Räumlichkeit, hohe Frequenzen, die gleichzeitig eng und brillant klingen etc.) verantwortlich gemacht:
Graphik 3: Originaler Impuls von 1 Sample
Graphik 4: Impuls nach Anwendung linearphasigen Filters
III. NON-OVER-SAMPLING DACS
Non-Over-Sampling (“NOS”) D/A-Wandler verwenden weder Oversampling noch Digitalfilter. Das Konzept geht auf Ryohei Kusunoki aus dem Jahre 1996 zurück, der die damals gängigen Lehrmeinungen bzgl. Digital-Analog-Wandlung auf Basis eines Multi-Bit-Wandlers vom Typ des Philips TDA1543 Chips (der auch ohne Oversampling geschaltet werden kann) bewusst ignorierte.
Ausgehend von der Beobachtung, dass der unnatürliche Digitalklang wesentlich vom Oversampling und den digitalen Rekonstruktionsfiltern mit ihrer Eigenheit, das Signal im Zeitbereich zu verschmieren (Pre- und Post-Ringing) herrührt, experimentierte er mit DAC-Varianten ohne Oversampling und Filter.
Das Ausgangssignal des NOS-DACs geht direkt zum analogen Ausgang. NOS-DACs vermeiden dadurch die Probleme, die durch digitale Filter in Sigma-Delta-Wandlern entstehen, insbesondere das Filter-Pre-Ringing. Ohne Oversampling und Digitalfilter setzen die Aliasing-Effekte direkt oberhalb des nutzbaren Frequenzbandes an (z.B mit Red Book-Standard, bei 22,05kHz bzw. mit 96Khz-Abtastfrequenz bei 48kHz) und werden nicht herausgefiltert. Kusunokis Überlegungen gehen dahin, dass es keines digitalen Rekonstruktionsfilters bedarf, da das menschliche Gehör selber – aufgrund seiner klar definierten Hörfläche mit maximal 20kHz) – wie ein Tiefpassfilter mit Passband 20kHz fungiert. Somit wird im NOS-Konzept das menschliche Ohr selber zum Teil des Digital/Analog-Wandlers. Das NOS-Konzept sieht lediglich einen milden analogen Tiefpass (1.Ordnung) am Ausgang vor, um nachfolgende Elektronik von hochfrequenten Aliasingfrequenzen zu schützen.
Im Endergebnis ergibt sich ein Wandlerkonzept, das mit minimalen Bauteileaufwand, kürzesten Signalwegen und geringst-nötiger Signalbeeinflussung eine anerkannter maßen besonders realistisches, räumliches und natürliches Klangbild liefert, das analogen Maßstäben näher kommt als die meisten anderen Wandler-Konzepte – zumindest bei vergleichbaren Aufwand. Audiophile Firmen, wie u.a. 47Labs, Zanden, Audio Note, AMR und Metrum Acoustics setzen auf das NOS-Prinzip bei Digital/Analog-Wandlern.
Aufgrund des Prinzips, das menschliche Ohr zum Teil des Wandlerkonzeptes zu machen, ergeben sich bei manchen Technik-Kommentatoren immer wieder Missverständnisse, da die Meßergebnisse von NOS-DACs prima facie schlechter aussehen als von Oversampling-Konzepten:
- Die Messdaten von NOS-DACs sind – aus dem Gerät kommend und ohne die letzte Filterstufe (das menschliche Gehör) – naturgemäß schlechter als die von Oversamplingkonzepten, insbesondere Signal/Rausch-Abstand und Verzerrungen sind höher. Diese Werte würden sich wesentlich verbessern, wenn man sie vor der Messung durch ein Rekonstruktionsfilter laufen lassen würde, was aber dem Konzept des NOS-DACs widerspräche. NOS-DACs können prinzipbedingt nur ohne Rekonstruktionsfilter gemessen werden. Gehört werden sie aber nicht so, sondern mit dem Rekonstruktionsfilter menschliches Ohr. Dies führt prinzipbedingt zu einer Diskrepanz zwischen Meßergebnis und Hörerlebnis im Vergleich zu Oversampling-DACs.
- Auch bei den sog. JTests (Analyse des Jitter) schneiden NOS-DACs schlechter ab, als Oversamplingkonzepte (wenn die Ergebnisse im Frequenzbereich, mittels Spektralanalyse dargestellt werden), obwohl sie kein höheres Jitter aufweisen, wie sich mit alternativen Meßmethoden (Analyse im Zeitbereich) nachweisen lässt. Der Jtest ist nicht nur empfindlich auf Zeitabweichungen, sondern auch auf Amplitudenabweichungen, so dass ohne Rekonstruktionsfilter, der JTest höhere Jitterwerte anzeigt. Entsprechend würden auch diese Werte sich wesentlich verbessern, wenn man sie vor der Messung durch ein Rekonstruktionsfilter laufen lassen würde, was aber wiederum dem Konzept des NOS-DACs widerspräche.
- NOS-DACs sind prinzipbedingt weniger empfindlich für Jitter als Oversampling-Konzepte. Z.B. beträgt bei einer Taktfrequenz von 44,1kHz die Pulsbreite 1/44,1kHZ = 22,6757μs und 16 Bit Auflösung bedeuten 216 = 65.536 verschiedene Spannungswerte. Damit das letzte Bit gerade noch reproduziert werden kann, darf die maximale Abweichung von der Pulsbreite (Frequenzjitter) nicht größer sein als 22,7μs/217 = 173ps. Um aber bei 4-fachem Oversampling die gleiche Genauigkeit zu erreichen, darf der Frequenzjitter nicht größer sein als (1/176,4kHz)/217 = 43,3ps und bei 8-fachem Oversampling nicht größer als 21,6ps.
- Der prinzipbedingte Hochtonabfall von ca. 3,2 dB bei 20Khz, der bei Oversamplingkonzepten durch das Rekonstruktionsfilter kompensiert wird, bleibt ohne Korrektur bestehen, so dass NOS-DACs einen leichten Höhenabfall aufweisen. Manche NOS DACs korrigieren diesen leichten Höhenabfall durch einen speziell berechneten analogen Filter am Ausgang, andere lassen den Höhenabfall einfach bestehen.
© Alexej C. Ogorek